Wow – nach dem Gewinn des Franzl Design Award ist nun auch die Graphische Revue auf meine Arbeit aufmerksam geworden. In der Ausgabe 03/2018 werde ich in einem ganzseitigen Beitrag vorgestellt.
Hier geht es zum Online-Artikel auf graphische-revue.at.
Hier der Originaltext zum Nachlesen (Das Interview entstand noch vor meiner Unternehmensgründung im Oktober 2018):
Graphische Revue: Aus welchem Grund bzw. aus welchen Gründen haben Sie sich für den Beruf einer Grafik Designerin entschieden? Was gefällt Ihnen (bzw. lieben Sie) am Beruf besonders?
Ich liebe diesen Beruf! Ich liebe die Auseinandersetzung mit immer neuen Themen, die Komplexität der Aufgaben, die Möglichkeit, Kunst und Zeitgeschehen in die Arbeit einfließen zu lassen. Je tiefer man sich einlässt in die Materie – sei es Typo, Farbpsychologie oder diverse Rastersysteme – umso spannender und intensiver wird die eigene Arbeit.
Graphische Revue: Was ist Ihr gegenwärtiger beruflicher Status, welche Ihre Hauptbetätigungsfelder und Ihre Stärken?
Momentan bin ich in erster Linie in Gründung begriffen und baue Kontakte zu potentiellen Auftraggebern auf. Ich bin sehr vielseitig – das möchte ich auch sein. Meine Stärken sehe ich aber schon in der Magazingestaltung, der Buchgestaltung und auch der Logoentwicklung bzw im Branding.
Graphische Revue: Nennen Sie einige für Ihre Arbeit typische Projekte/Aufträge, die Sie in den letzten Monaten realisiert haben. Was waren die jeweiligen Vorgaben bzw. Herausforderungen dabei und wie sehen die von Ihnen kreierten Lösungen dazu aus?
Dazu greife ich ein zuletzt abgeschlossenes Projekt heraus: Die Kundinnen gründen ein Zentrum für lebendige Sexualität namens »SELBST.verständlich«. Es geht hierbei um freudvolle Sinnlichkeit in jedem Alter mit Angeboten, die auch in den Gesundheitsbereich fallen. Produktwünsche waren: eine Logoentwicklung, Visitenkarten, diverse Drucksorten, Profilbild und Header für Soziale Netzwerke. Ich habe dafür drei starke Elemente entwickelt: Schrift, Stilelemente und eine intensive Farbwahl.
Die Logoschrift transportiert durch ihre ungewöhnlichen und in sich sehr unterschiedlichen Buchstaben Vielfalt, Möglichkeiten der Entfaltung und spielerische Entwicklung. Zur Visualisierung des Logos habe ich sie stark verändert.
Für die Stilelemente habe ich mich auf die Suche nach ästhetisch ansprechenden Schriftzeichen gemacht und diese in der über 1500 Jahre alten Zeichenschrift Ndsibidi aus dem Osten Nigerias gefunden. Es kommen die Zeichen für Liebe, Mann, Frau, Einheit, Paar und Weg in Form von Mustern zum Einsatz, die ich im Illustrator nachgezeichnet habe.
Als unterstützende Farben wählte ich Rottöne von Orange bis Violett. Diese Farbtöne
steigern die Sinnlichkeit, das bewusste Erleben und Fühlen und sind Ausdruck von Leidenschaft. Sie agieren in Form von organisch anmutenden Farbverläufen im Hintergrund.
Auch wenn natürlich der Betrachter nicht unbedingt nachforschen wird, was es z. B. mit den Ndsibidi Zeichen auf sich hat, bin ich überzeugt, dass gewissenhaft überlegte Lösungen auf einer subtileren Ebene wirken.
Graphische Revue: Welche Rolle spielen Druckprodukte in Ihrer Arbeit? Welche Wertigkeit haben Druckprodukte für Sie persönlich? Worin liegt Ihrer Meinung nach die Bedeutung von hochwertigen Druckprodukten in einer weitgehend digitalisierten Medienwelt?
Ich liebe Papier. Die Haptik, der Geruch, die unendliche Vielfalt – herrlich! Gerade die Digitalisierung kann meiner Meinung nach auch als echte Chance gesehen werden: Was noch gedruckt wird – im Buch- als auch im Magazinbereich – sind spezielle, liebevoll gestaltete Produkte, die beständig und hochwertig sind. Ich halte mich sehr gerne in den Buchhandlungen Lia Wolf oder bei König in Wien auf – es ist wunderbar, die großartigen Buchwerke im Bereich Kunst, Architektur oder Fotografie zu sehen. Dieser Markt hat meiner Meinung nach Zukunft. Auch im Zeitschriftenmarkt sind in den letzten Jahren so viele aufwändig gestaltete Special-Interest-Produkte erschienen, das ist schön zu sehen.
Es ist doch auch so, dass wir Menschen einfach gerne Dinge angreifen. Das Wischen am Smartphone zum Beispiel hat ja auch etwas Sinnlich-haptisches – Forscher sehen einen großen Teil dessen Erfolges in diesen Berührungen. Bücher können das ja noch viel besser: zuerst hält man den Buchkörper in der Hand, dreht und wendet ihn vielleicht, dann schlägt man erste Seiten auf, das noch glatte Papier knistert ... Ich bin überzeugt: Bücher wird es noch lange geben.
Graphische Revue: Beschreiben Sie das beim Franzl Award prämierte Projekt "INNEN"? War es ein Auftragsprojekt oder entstand es aus eigenem Antrieb heraus? Was war die ursprüngliche Idee dahinter? Beschreiben Sie das Konzept von "INNEN" sowie die einzelnen Umsetzungsschritte? Was hat aus Ihrer Sicht die Jury von diesem Projekt überzeugt?
Mein Buchprojekt INNEN ist die Abschlussarbeit meines Buchgestaltungs-Studiums an der NDU. Nachdem ich selbst Synästhetikerin bin (Zahlen haben bei mir klar zugeordnete Farben) kam mir die Idee, ein Buch über Synästhesie* zu schreiben und in weiterer Folge natürlich zu gestalten. Ich machte mich auf die Suche nach geeigneten InterviewpartnerInnen, von denen ich dann viele in einem visuell ausgerichteten Umfeld fand (ArchitektInnen, KünstlerInnen, DesignerInnen).
Der Buchtitel INNEN ergab sich aus der Erkenntnis, das es wesentlich mehr SynästhetikerINNEN als Synästhetiker gibt und auch aus dem Umstand, dass sich die Wahrnehmungen von Synästhetikern ja ausschließlich in deren Inneren abspielen. Aus diesem Wissen heraus entstand auch der Buchdeckel, wo die Buchstaben INNEN mittels Lasercut herausgeschnitten wurden. Diese Einschnitte geben nun den Blick auf das Vorsatzpapier frei, das aus einem kleinteiligen Farbmuster besteht. Ich habe hier alle Farben, die mir meine InterviewpartnerInnen nannten, eingearbeitet. Der Blick auf das geschlossene Buch ist also tatsächlich ein Blick nach Innen.
Der Buchdeckel schließt mit dem Buchkern in gleicher Größe ab – dadurch entsteht der Eindruck eines geschlossenen Buchkörpers. Dieser wird noch verstärkt durch die Farbwahl – ein heller Hautton, der auch als Farbschnitt an allen drei Schnittkanten Verwendung findet.
Das Buch ist nach den InterviewpartnerInnen in einzelne Kapitel geteilt. Für die Kapitelanfänge habe ich geometrische Muster in den von den InterviewpartnerInnen genannten Farben designt. Die synästhetischen Wahrnehmungen haben, um sie verständlicher zu machen, in Form von Illustrationen viel Raum bekommen. Dem Buch liegen acht Postkarten mit synästhetischen Arbeiten der porträtierten KünstlerInnen bei.
INNEN ist sowohl ästhetisch ansprechend geworden als auch konzeptionell durchdacht – ich kann natürlich nur raten, aber es würde mir gefallen, wenn das ausgereifte Konzept dazu geführt hätte, dass sich die Fachjury für mein Projekt entschieden hat.
Ich habe das Buch außerdem lediglich in einer Kleinauflage drucken lassen – über einen Verleger würde ich mich noch freuen.
* Synästhesie bezeichnet die Kopplung zweier oder mehrerer physisch getrennter Bereiche der Wahrnehmung. Eine häufige Synästhesie ist, bei Buchstaben oder Zahlen Farben wahrzunehmen, die dann oft auch eine ganz bestimmte Position im »inneren Raum« haben.